Fachexkursion des Rotwildrings zum Thema Wild und Wald

Exkursionsteilnehmer während der Fachexkursion.
(Bildnachweis: Jörg Brauneis)

Das Forstamt Hessisch Lichtenau hatte die Mitglieder des Rotwildrings Meißner-Kaufunger Wald für Samstag den 03. August zu einer Sommerexkursion zum Thema Rotwild und Wald eingeladen.

Der Leiter des Forstamts Hessisch Lichtenau und stellvertretende Vorsitzende des Rotwildring, Matthias Dumm, konnte schließlich 25 rotwildinteressierte Jäger am Treffpunkt in Kleinalmerode begrüßen. Nach einer kurzen Einführung in das Thema ging es hinaus in den nördlichen Kaufunger Wald.

Am ersten Exkursionspunkt führte Forstamtsleiter Dumm aus, dass bis zum Jahr 2018 35 % der Waldfläche des Forstamts mit Fichten bestockt waren. In den Dürrejahren seit 2018 und durch Massenvermehrung von Borkenkäfern sind dann die Fichten auf großer Fläche abgestorben. Daher müssen nun ca. 3 Tausend Hektar ehemals mit Fichten bestandener Flächen wiederbewaldet werden. Ziel ist es, auf diesen Kalamitätsflächen einen klimastabilen Mischwald mit möglichst großer Baumartenvielfalt auf jeder Waldfläche zu begründen. Den Exkursionsteilnehmern wurde daher eine gelungene Naturverjüngung der Weißtanne gezeigt.

Die Weißtanne gehört aber, wie die Eichen, zu von Rot- und Rehwild bevorzugt verbissenen Forstbaumarten, sodass die Verjüngung auch bei relativ niedrigem Wildbestand oft nur im Schutzgatter gelingt. Bau, Unterhaltung und schließlich die Entsorgung der Gatter sind finanziell aber sehr aufwändig. Auch der Einzelschutz der Pflanzen, etwa durch Wuchshüllen, ist teuer und wirft Entsorgungsprobleme auf. Außerhalb des Gatters demonstrierte Forstamtsleiter Dumm eine üppige Naturverjüngung des Bergahorns, wobei aber viele der jungen Ahorne durch Verbiss eine Zwieselbildung zeigten, die zwar nicht das Aufwachsen der Bäume gefährdet, aber den späteren Verkaufswert des Holzes mindern kann. Erwartungsgemäß kam es nach diesen Erläuterungen zu kontroversen Diskussionen zwischen den am Rotwildschutz interessierten Jägern und den anwesenden Forstleuten. 

Wie es dennoch gelingen kann, die Lebensansprüche der großen Wildtiere und die Interessen der Forstwirtschaft zu vereinbaren, erläuterte Forstamtsleiter Dumm am zweiter Exkursionspunkt auf der Hausfirste. Einführend stellte er das Bejagungskonzept des Forstamts für das Rotwild vor, das in Anlehnung an die Empfehlungen führender Wildbiologen eine zeitliche und eine räumliche Komponente hat. Nach einem Einzeljagdintervall im April und Mai folgt eine zweimonatige Jagdruhe. Ab 1. August bis etwa Mitte September wird wieder die Einzeljagd mit Schwerpunkt Kahlwildbejagung ausgeübt. Ab Oktober wird die Jagdfläche noch ein- bis zweimal mit einer Bewegungsjagd bejagt. Gleichzeitig ist die gesamte Regiejagdfläche des Forstamts in drei Bejagungszonen eingeteilt. Wildschadens- und Wiederbewaldungsschwerpunkte sind auch als Bejagungsschwerpunkte ausgewiesen, um hier durch die Jagd einen Vergrämungseffekt zu erzielen. Andererseits aber wurden im Forstamt 11 jagdliche Ruhezonen mit etwa 650 Hektar Fläche ausgewiesen, in denen keine Einzeljagd stattfindet und auch keine Ansitzeinrichtungen unterhalten werden. 

(Bildnachweis: Jörg Brauneis)

In einer solchen Ruhezone wurde den Exkursionsteilnehmern eine neu angelegte, ca. 0,9 Hektar große Äsungsfläche gezeigt. Uwe Heine, Revierjagdmeister im Forstamt Hessisch Lichtenau und stellvertretender Rotwildsachkundiger des Rotwildrings, erklärte, was bei der Auswahl der Fläche zu beachten ist. Die Äsungsflächen sollten möglichst störungsfrei in unmittelbarer Nähe der Tageseinstände des Wildes in einer Ruhezone liegen, um dem Rotwild die Nutzung auch am Tage zu ermöglichen. Bei Neuanlagen sollte auf eine Nord-Süd-Ausrichtung geachtet werden. Zu flachgründige oder staunasse Flächen kommen nicht in Frage, auch das Vorhandensein geschützter Biotope ist ein Ausschlusskriterium. Bei Neuanlagen kann dies leicht berücksichtigt werden, allerdings entstehen durch die ggf. sehr aufwändige Bodenvorbereitung, eine nach Bodenprobe evtl. erforderliche Kalkung, Saatgut, Pflanzung von hochstämmigen Obstbäumen usw. erhebliche Kosten von bis zu 10.000 € pro Hektar. Das Forstamt Hessische Lichtenau hat bisher 8 solcher qualifizierter Wildäsungsflächen mit Mitteln des Forstgutsbezirks Kaufunger Wald in einer Gesamtgröße von ca. 6,7 Hektar angelegt. Dabei wurden bei der Anlage der Wildäsungsflächen auch naturschutzfachliche Kriterien auf höchstem Niveau berücksichtigt, um durch die Wildäsungsflächen auch die Artenvielfalt (Biodiversität) zu fördern. Um schnell eine pflanzliche Artenvielfalt zu erreichen, wurde ausschließlich Regiosaatgut mit Herkünften aus dem Hessischen Bergland eingesät. Die im Forstamt bisher an Wildäsungsflächen gepflanzten über 100 Obstbäume sind sämtlich Hochstämme, alter, regionaler und an das raue Klima der Hochlagen des Kaufunger Waldes angepasster Sorten. Die Pflege der Wildäsungsflächen erfolgt durch eine einmalige Mahd ab Mitte Juli mit Abfahren des Mähguts, dass meist als Heu genutzt wird. An einer weiteren Wildäsungsfläche zeigte Revierjagdmeister Heine den Exkursionsteilnehmern eine bereits gut angewachsene  Proßholzfläche, die mit regional gewonnen Weidenstecklingen begründet wurde. Die Exkursionsteilnehmer zeigten sich tief beeindruckt von diesen Maßnahmen zur Verbesserung des Rotwildlebensraums, die in ihrer vorbildlichen Umsetzung beispielgebend für viele Jagdreviere sein können.

Am Ende der Exkursion betonte Forstamtsleiter Dumm, dass es im Interesse von Wild und Wald gelingen müsse, die Ansprüche der Forstwirtschaft und die Lebensbedürfnisse der Wildtiere so aufeinander abzustimmen, dass ein stabiler Wirtschaftswald gedeihen und gleichzeitig ein gesunder Wildbestand im Lebensraum Wald artgerecht leben könne. Er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Schnittmenge der gemeinsamen Interessen zwischen Förstern und Jägern ausreichend groß sei, um dieses Ziel zu erreichen.

Der Exkursionsvormittag klang schließlich bei einem herzhaften Mittagessen und angeregten Gesprächen in der Bilsteingaststätte aus.

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